13.11.01

"Die Taliban werden Terroristen ausliefern oder ihr Schicksal teilen"

"Die Taliban werden Terroristen ausliefern oder ihr Schicksal teilen"

US-Präsident George W. Bush hat in seiner Rede vor dem Kongress in der Nacht zum Freitag in Washington (Ortszeit) den Taliban ein Ultimatum gestellt und die Auslieferung Bin Ladens und weiterer Terrorismusverdächtiger gefordert. Wir bringen die Rede in einer gekürzten und von dpa übersetzten Fassung.

"( . . .) Wir sind ein Land, das durch die Gefahr wachgerüttelt wurde und aufgerufen ist, die Freiheit zu verteidigen. Unsere Trauer hat sich in Wut verwandelt und Wut in Entschlossenheit. Ob wir unsere Feinde der Gerechtigkeit ausliefern oder ob wir Gerechtigkeit zu ihnen tragen, es wird Gerechtigkeit geben. Und im Namen des amerikanischen Volkes danke ich der Welt für ihre große Unterstützung. Amerika wird niemals die Klänge unserer Nationalhymne am Buckingham Palace (in London) vergessen, auf den Straßen von Paris und am Brandenburger Tor in Berlin. (. . .)

Wir werden auch nicht die Bürger von 80 Nationen vergessen, die mit unseren eigenen starben. Dutzende Pakistanis. Mehr als 130 Israelis. Mehr als 250 Bürger Indiens. Männer und Frauen aus El Salvador, Iran, Mexiko und Japan und hunderte britischer Staatsbürger. (. . .)

Amerikaner kennen Kriegsopfer, aber nicht im Zentrum einer großartigen Stadt an einem friedlichen Morgen. Amerikaner haben Überraschungsangriffe erlebt, aber niemals zuvor auf tausende Zivilisten. All dies brach über uns an einem einzigen Tag herein, und die Nacht senkte sich auf eine veränderte Welt, eine Welt, in der die Freiheit selbst angegriffen wird.

Die USA achten das afghanische Volk. Schließlich sind wir sein größter Geber humanitärer Hilfe. Aber wir verurteilen das Taliban-Regime. Es unterdrückt nicht nur sein eigenes Volk. Es bedroht Menschen überall, indem es Terroristen unterstützt, ihnen Schutz gewährt und ihnen Nachschub liefert. Durch die Unterstützung und die Förderung von Mord wird das Taliban-Regime selbst zum Mörder. Und heute Nacht fordern die Vereinigten Staaten von Amerika Folgendes von den Taliban: Liefern Sie den Behörden der Vereinigten Staaten alle Führer von Al Qaida aus, die sich in Ihrem Land verstecken. Lassen sie alle Ausländer frei, einschließlich amerikanischer Staatsbürger, die Sie ungerechterweise eingesperrt haben. Schützen Sie ausländische Journalisten, Diplomaten und Helfer in Ihrem Land. Schließen Sie sofort und für immer jedes Ausbildungslager für Terroristen in Afghanistan, und liefern Sie jeden Terroristen und jede Person in deren Umfeld den zuständigen Behörden aus. Diese Forderungen sind nicht verhandelbar oder diskutierbar. Die Taliban müssen handeln, und zwar sofort handeln. Sie werden die Terroristen ausliefern oder ihr Schicksal teilen.

Ich will heute Nacht auch direkt zu den Moslems in der ganzen Welt sprechen. Wir achten Ihren Glauben. Er wird frei von vielen Millionen Amerikanern praktiziert und von vielen weiteren Millionen in Ländern, die Amerika zu seinen Freunden zählt. Seine Lehren sind gut und friedlich, und diejenigen, die Böses im Namen Allahs begehen, schänden den Namen Allahs. Die Terroristen sind Verräter an ihrem eigenen Glauben, ja, sie versuchen gar den Islam selbst zu entführen.

Der Feind der Amerikaner sind nicht unsere vielen moslemischen Freunde, nicht unsere zahlreichen arabischen Freunde. Unser Feind ist ein radikales Netzwerk von Terroristen und jede Regierung, die sie unterstützt. Sie folgen dem Weg des Faschismus, des Nationalsozialismus und Totalitarismus. Und sie werden den Weg bis zum Ende gehen: ins unbekannte Grab der Geschichte überkommener Lügen.

Wir werden jedes Mittel in unserer Macht einsetzen - jedes Mittel der Diplomatie, jede Möglichkeit der Geheimdienste, jedes Instrument der Strafverfolgung, jeden finanziellen Einfluss und jede notwendige Waffe des Krieges -, um das globale Netzwerk des Terrors zu zerstören und zu besiegen. Unsere Antwort beinhaltet mehr als einen sofortigen Gegenschlag und einzelne Angriffe. Amerikaner sollten nicht eine einzige Schlacht erwarten, sondern einen langen Feldzug, wie wir ihn bisher noch nicht erlebt haben. (. . .)

Jede Nation, in jeder Region, muss sich nun entscheiden: Entweder sind Sie mit uns oder mit den Terroristen. Von diesem Tag an werden die Vereinigten Staaten jede Nation, die weiterhin Terroristen beherbergt oder unterstützt, als feindliches Regime betrachten. Unser Land wurde wachgerüttelt: Wir sind gegen Angriffe nicht immun. (. . .) Daher verkünde ich heute die Einrichtung einer Institution mit Kabinettsrang, die mir direkt untersteht - das Amt für Heimatschutz. (. . .)

Das ist allerdings nicht nur Amerikas Kampf. Und nicht nur Amerikas Freiheit steht auf dem Spiel. Das ist der Kampf der Welt. Das ist der Kampf der Zivilisation.

Das ist der Kampf aller, die an Fortschritt und Pluralismus glauben, an Toleranz und Freiheit. (. . .) Die zivilisierte Welt schließt sich Amerika an. Sie versteht, dass, wenn der Terror ungestraft davonkommt, ihre eigenen Städte, ihre eigenen Bürger als Nächste an der Reihe sein könnten. (. . .) Amerikaner fragen: Was wird von uns erwartet? Ich bitte Sie, Ihr Leben zu leben und Ihre Kinder zu umarmen. Ich weiß, dass viele Bürger heute Nacht Angst haben. Und ich bitte Sie, ruhig und entschlossen zu sein, selbst angesichts einer anhaltenden Bedrohung. (. . .)

Einige sprechen von einem Zeitalter des Terrors. Ich weiß, es liegen Schwierigkeiten vor uns, und wir müssen Gefahren entgegensehen. (. . .) Solange die Vereinigten Staaten von Amerika entschlossen und stark sind, wird dies kein Zeitalter des Terrors sein. Dies wird ein Zeitalter der Freiheit sein, hier und überall auf der Welt."

[ document info ]
Copyright © Frankfurter Rundschau 2001
Dokument erstellt am 30.09.2001 um 21:25:33 Uhr
Erscheinungsdatum 22.09.2001

No hay comentarios.: